Will
man einem Kegel bzw. Kegelstumpf als Hohlkörper herstellen,
ihn also aus Pappe oder Blech (hier Wiederverwendung eines
Weißblechkanisters) biegen will, muss man die Oberfläche
abwickeln, die dann aus dem Basismaterial ausgeschnitten werden
muss. Die Konstruktion der Abwicklung kann man auf verschiedene
Weisen vornehmen, bei geringer Genauigkeitsanforderung geht es
(fast) rein grafisch, soll es genauer werden, dann muss man etwas
rechnen.
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1. Grundlegende
mathematische Definitionen des Kegels bzw. Kegelstumpfs.
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1.1
Die Grundgrößen
Ein
Kegel
ist in der Schnittzeichnung
beschrieben durch den Hauptradius
R und einer
Linie, Mantellinie
genannt, die zum
Scheitelpunkt führt. Der Kegelstumpf
wird in der Höhe durch
den Nebenradius r
begrenzt, der Abstand
zwischen R und r ist die Höhe
h und die (beim
Stumpf virtuelle) Gesamthöhe
H. Die
Mantellinie m
wird durch die beiden
Radien aufgespannt. Die Mantellinie bzw. deren Verlängerung
schneidet die Mittelachse mit dem Öffnungswinkel
β.
Es gibt noch eine technische Angabe: Das Kegelverhältnis C 1:x, z. B. 1:50.
Das ist die Durchmesserdifferenz bezogen auf die Länge: C = (2
⋅ (R − r)) / h.
Der
Kegel(-stumpf) selbst entsteht durch die Drehung
(Rotation) des Grundbilds
um die Mittelachse
M.
Man
sieht, dass fünf Größen (R, r, h, m, β)
zusammenhängen, drei davon müssen vorgegeben werden, die
beiden anderen sind dann festgelegt und müssen berechnet oder
konstruiert werden.
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1.2
Weitere Eigenschaften
Es
gibt noch drei wichtige Punkte: Den Scheitelpunkt
S und die
Endpunkte B
und C
der beiden Radien, die alle
auf der Mantellinie liegen. Zieht man parallel zu M durch B und C
die Hilfslinien b und c, dann sieht man, dass der Öffnungswinkel
sich wiederholt, an C in derselben Lage und in B als Gegenwinkel.
Im Vorgriff auf das Drehen (s. u.) sieht man schon hier, welcher
Winkel am Oberschlitten einzustellen ist.
Hier wird immer vom
regulären Kegelstumpf ausgegangen, die Radien R und r stehen
senkrecht auf der Mittellinie, oder umgekehrt, die Mittellinie
steht senkrecht auf den durch R und r durch Rotation aufgespannten
Schnittebenen mit dem Kegel. Bilden diese Schnittebenen keinen
rechten Winkel mit M, dann ergeben sich Ellipsen als
Schnittlinien, die nicht trivial abgewickelt werden können.
Hierzu wird keine Lösung angeboten.
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2. Grafische Lösung
oder besser Rechnen?
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Man
kann versuchen, die Abwicklung (bis auf eine Ausnahme) rein
grafisch zu konstruieren. Ist der Kegel(-stumpf) klein und man
kann auf A4 oder A3 im Maßstab 1:1 oder gar in Vergrößerung
arbeiten, sollte das funktionieren. Aber auf alle Fälle gilt:
Rechnen erhöht die Genauigkeit merklich!
Hinweis:
in den folgenden Formeln steht x
für die Rechnertaste
Multiplikation.
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3.
Der
Normalfall:
Gegeben sind die Höhe
h und
die beiden
Radien R und r
Gesucht
wird der Abstand des Scheitelpunkts S zu r, letztendlich die
Gesamthöhe H des Kegels. In Bild 2 sieht man, dass durch die
auf die Hilfslinie c projizierte Höhe h und (R − r) ein
rechtwinkliges Dreieck besteht, das durch dieselben Winkel
mathematisch ähnlich dem "großen" Dreieck aus
den Linien H, R und der Strecke S-B ist, es gelten dieselben
Längenverhältnisse. Damit
gilt R / H = (R − r) / h oder umgestellt: H = h ∙
R
/ (R − r).
H lässt sich also mit jedem
Rechner ausrechnen. Beispiel
für
R = 25 mm, r = 18 mm, und h = 70 mm: 70 x
25
/ ( 25 − 18
) = 250. Die Höhe H auf der Mittellinie ist 250 mm.
Liegen
andere Vorgaben vor, dann berechnet man zuerst die
fehlenden Größen, wie unten unter
6. beschrieben, und kann dann wie hier mit dem Normalfall
arbeiten.
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4.
Die Abwicklung
Wie
man sieht, ergeben sich die Radien
durch Abstände: RA
= S - B und rA
= S - C.
Mit diesen wird erst einmal je ein Bogen um S geschlagen. In der
grafischen Konstruktion ist das unkompliziert.
Will
man genauer sein und diese berechnen, dann muss man den Satz des
Pythagoras a² + b² = c² anwenden, umgeformt auf c
= √ (a²
+ b²).
Dazu
benötigt man einen technisch-wissenschaftlichen Rechner, weil
auf einfachen Rechnern weder die Quadrat- noch die Wurzelfunktion
verfügbar sind. Wenn kein entsprechender Rechner vorhanden
ist, s. Kapitel 5.
Die Gesamthöhe H ist bereits
berechnet. Den Radius RA
berechnet man dann durch
Tippen H x²
+ R
x² = √,
den kleineren rA
durch ( H −
h ) x²
+ r x²
= √.
Mit
obigen Zahlen aus dem Beispiel: 250² + 25² => 62500 +
625 bzw. Tippen: 250 x²
+ 25 x²
= √ und
heraus kommt 251,25 mm für den großen Radius RA.
Der kleinere rA
berechnet sich mit 250 −
70 =
x² + 18 x²
= √ und
ergibt 180,9 mm
Abschließend muss der
Fächerwinkel
ε berechnet
werden. Die grafische
Konstruktion ist leider nicht möglich, zumindest nicht
trivial. Bei der Rotation um die Mittellinie beschreibt der Punkt
B einen Kreis mit dem Umfang UR
= 2 ¶ R. Die
Außenseite des "Fächers" muss dieselbe Länge
haben. Der volle Kreis mit 360° hat den Umfang UA
= 2 ¶ RA.
Das Verhältnis UR
/ UA
⋅ 360° ergibt den
gesuchten Winkel. Eingesetzt und gekürzt ergibt sich ε
= 360 x R / RA
Wieder
mit den Beispielwerten: 25 ÷
251,25 x
360 = 35,82°
Somit
ist die Geometrie der Abwicklung bestimmt. Beim Zuschneiden darf
man die blaue Lasche für den Überstand nicht vergessen,
zum Verkleben, Verlöten oder welche andere Verbindungsart
auch immer benutzt wird.
Der
nur zum Drehen benötigte Winkel β (s.
Bild 1 und 2) berechnet sich mit β = arctan(R / H). Die
Arcus-Tangens-Funktion findet sich auf der Rechnertastatur
entweder bei INV TAN oder tan-1,
bei dem erwähnten Windows-Rechner unter "Trigonometrie"
2nd
als Taste tan-1.
Tippen: R / H = tan-1.
Beispiel: 25 / 250 = tan-1
ergibt 5,71°
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5.
Technisch-wissenschaftlicher Rechner
Falls
keiner vorhanden: Für Android-Smartphones
gibt es im App-Store eine
schöne und ziemlich perfekte Freeware-App RealCalc.
Auf
Windows startet
man den Rechner
durch Windows + R und tippt
dann calc
ein. Im Rechner muss durch
Drücken auf die drei Linien oben links auf "Wissenschaftlich"
umgeschaltet werden. Man kann gut mit dem numerischen Block der
Tastatur arbeiten. Die Winkelfunktionen stehen unter
"Trigonometrie" zur Verfügung.
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6.
Andere Vorgaben
Es
werden fehlende Größen ermittelt, um damit in die
Konstruktion bzw. Berechnung nach Kapitel 3 bzw. 4 oben
einzusteigen.
6.a
Gegeben sind die Länge der Mantellinie m und die beiden
Radien R und r
Gesucht:
h. Durch die
Hilfslinie a und (R − r) wird mit der Mantellinie m ein
rechtwinkliges Dreieck definiert, in dem der Satz des Pythagoras
a² + b² = c² gilt,
hier mit a = (R − r) und c = m, h ist gesucht. Das führt
zu (R − r)² + h² = m². Aufgelöst nach h
gilt h = √ (m² − ( R − r)²). Beispiel
mit R = 25, r = 22, m =
80, tippen: 80 x²
− ( 25 − 22 )
x²
= √
Ergebnis : 79.94... Jetzt
ist h bekannt und die weitere Berechnung erfolgt wie oben unter
3.1 beschrieben. Das Ergebnis für H ist dann 666,17 mm, also
ein sehr schlanker Kegelstumpf. Wie man das zeichnet oder anreißt,
s. u.
6.b
Gegeben sind der Öffnungswinkel β , r und die Höhe
h
Vorbemerkung:
Dieser und die folgenden Punkte sind typische Situationen für
eine Manschette um einen vorhandenen Konus. Die
Winkelmessung sollte auf Zehntelgrade genau erfolgen!
Gesucht:
R.
R = r + h ⋅ tan
β.
6.c
Gegeben sind der Öffnungswinkel β , R und
die Höhe h
Gesucht: r.
r = R −
h ⋅ tan
β.
6.d
Gegeben sind der Öffnungswinkel β , r und die
Mantellinie m
Gesucht: R und h.
h = m ⋅ cos β
und R = r + m ⋅
sin β
6.e
Gegeben sind der Öffnungswinkel β , R und die
Mantellinie m
Gesucht: r und h.
h = m ⋅ cos β
und r = R − m
⋅ sin β
Ohne Zeichnung: Gegeben ist das Kegelverhältnis 1 / x und zwei Größen:
R und h, Gesucht r: r = R − h / (2 ⋅ x)
r und h, Gesucht R: r = r + h / (2 ⋅ x)
R und r, Gesucht: h: h = (2 ⋅ x) ⋅ (R - r)
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7.
Anreißen der Endpunkte der Kreisbögen
Bei
kleinen Kegeln kann man den Fächerwinkel ε
noch mit einem Winkelmesser
anreißen, bei größeren wird das ungenau. Hier
bietet das Anreißen mit der Konstruktion von Punkten auf den
Kreisbögen eine wesentlich höhere Genauigkeit.
Zuerst
werden die beiden Kreisbögen mit RA
und rA
angerissen.
Dann
kann man entweder
die Mittellinie
als Referenz nehmen,
Methode 1,
oder eine
der Kanten,
Methode 2.
Die
gerade Ausgangslinie
ist immer eine Linie
durch S.
Links
sind die Ausgangslinien schwarz und die durch die konstruierten
Punkte aufgespannten Linien grün eingezeichnet.
Methode
1:
Rk
wird berechnet mit Rk
= 2 ⋅ RA
⋅ sin (ε
/ 4)
und rk
= 2 ⋅ rA
⋅ sin (ε
/ 4)
Methode
2:
Rp
wird berechnet mit Rp
= 2 ⋅ RA
⋅ sin (ε
/ 2)
und rp
= 2 ⋅ rA
⋅ sin (ε
/ 2)
Achtung:
Die Lasche muss noch zugegeben werden. Ggf. auch noch ein kleiner
Zuschlag für die Blechdicke.
Beispiel
mit den obigen Werten RA
= 251,25, rA
= 180,9 und ε
= 35,82°.
Tippen:
für
Rk:
2 x
251.25 x
(35.82 / 4) sin = 78.2
mm
für rk:
2 x
180.9 x
(35.82 / 4) sin = 56.3 mm
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Die
zuvor genannten Formeln sind mathematisch korrekt, es gibt aber
Winkelbereiche von ε, in denen die mit Rk
oder Rp
geschlagenen Kreisbögen
den entsprechenden Bogen mit RA
nur schleifend schneiden,
also eine genaue Ermittlung des Schnittpunkts nicht erlauben.
Das
gilt für die Situationen, in denen Rk
oder Rp Werte in der Nähe
des Kreisdurchmessers kommen. Es geschieht für Methode 1,
wenn ε in die Nähe von 360° kommt, für
Methode 2 gilt das für Bereiche um 180°, was im linken
Bild angedeutet ist.
Hier empfiehlt es sich, zuerst
einmal mit RA
90° von ε
abzutragen und die Differenz
ε' = ( ε
− 90°) zu
berechnen und damit Rp
ermitteln.
Für
ε > 180°
drehen sich bei Methode 2 die Richtungen um, wie im rechten Bild
gezeigt. Muss im Bereich 180° < ε < 270°
auch hier zuerst einmal mit
RA
ein Hilfspunkt angerissen
werden, dann berechnet man ε' = 360° − 90° −
ε .
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8.
Große Radien zeichnen bzw. anreißen
Hier
zwei Beispiele, wie man Hilfszirkel für große Radien
herstellt bzw. benutzt.
Oben eine Leiste, in der links
eine kleine Kerbe eingefeilt wurde, in der eine Näh- oder
Stopfnadel eingeklemmt ist. Neben dem Bleistift sieht man eine
solche Kerbe.
Die Schieber auf dem Markierungslineal
haben je ein Loch, in das Nadel und Zeichen- oder Anreißwerkzeug
eingesteckt werden können. Ggf. muss man die Schieber mit
Klebeband gegen Verrutschen sichern.
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9.
Prototyp erstellen
Hat
man die Abwicklung konstruiert, so empfiehlt es sich, einen
Prototypen aus Papier oder
Zeichenkarton anzufertigen, wie
hier dargestellt. Die Klebelasche ist hier unten. Mit diesem
Prototypen kann man leicht prüfen, ob der Kegel(-stumpf) die
richtigen Form erhält.
Der mit einem Japanmesser
ausgeschnittene Bogen wurde dann auch zum Anreißen auf dem
Blech benutzt.
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10.
Exaktes Einstellen des Oberschlittens
einer Drehmaschine mit einer genauen Gradskala zum Drehen
eines Konus
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Hier
sieht man den eingangs gezeigten Blechkonus eingebaut, wobei der
Hauptradius unten einen innenliegenden außen konischen Ring
(h = 5 mm) zum Festschrauben am Träger hat. Der Abschlussring
oben hat innen eine konische Ausdrehung (h = 5 mm).
Wer
wissen will, was das ist: Ein älterer Fönkamm wurde
ausgeschlachtet und zu einem sanften Heizgebläse umgebaut,
dessen Temperatur zwischen 50 °C und 105 °C einstellbar
ist. Es dient zum Beheizen von Klebungen mit UHU-plus, was bei
erhöhter Temperatur wesentlich schneller abbindet (bei 100 °C
in 10 min) und dazu noch eine wesentlich höhere Klebekraft
als bei Zimmertemperatur entwickelt. Der Konus beherbergt das
Heizelement des Fönkamms, darunter liegt der Motor mit dem
Gebläse.
Weil hier mit Netzspannung gearbeitet
wird und ein Nachbau voraussetzt, dass man weiß, was man
tut, gibt es keine Bauanleitung dafür. Nur soviel: Im
Originalgerät dient die Heizwicklung als Vorwiderstand für
den Gleichstrommotor des Gebläses, der mit nur ca. 6 V
betrieben wird. Diese Kopplung wurde getrennt, die Heizwicklung
wird mit einer Phasenanschnittsteuerung direkt mit Netzstrom
versorgt, der Motorversorgung übernimmt ein externes kleines
schaltbares Steckernetzteil, um die Drehzahl des Gebläses
steuern zu können. Bei ca. 105 °C schaltet ein Thermostat
im Heizkörper ab. Das Thermostat lässt sich (leider)
nicht überbrücken, ohne den vernieteten Heizkörper
komplett zu zerlegen. Das war mir
zu risikoreich, die Glimmerträger könnten zerbrechen.
Nur durch die Überbrückung ließen sich noch höhere
Temperaturen zu erzielen.
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