Neue Nebenuhrsteuerung für den Selbstbau als Ersatz einer Mutteruhr (Hauptuhr einer Uhrenanlage)

oder

Die Suche nach den verlorenen µA!


Diese Seite könnte von Interesse sein für Liebhaber von Nebenuhren, die für die Herstellung eines Mutteruhrersatzes im Eigenbau Spaß an etwas Elektronik-Bastelei haben. Für einen Mutteruhrersatz im Selbstbau mit marktüblichen Bauteilen wird im Detail eine Anleitung gezeigt. Eingegangen wird auch auf eine im ersten Moment komfortablere Lösung auf Basis eines Mikrocontrollers (MCU), die sich aber wegen des sekundären Aufwands (Programmierung der MCU) nicht zum Eigenbau eignet und im Detail nicht offengelegt wird.

Die auf der alten Seite vorgestellte Schaltung für eine Nebenuhrsteuerung hat sich bewährt und stellt im Kern einen Oszillator von 32,768 kHz mit Teiler auf eine Taktzeit von 120 s dar, sowie eine Schaltung, die alle 60 s einen Kondensator über die Spule des Uhrwerks auflädt oder entlädt. Die mit diskreten ICs ausgeführte Schaltung zieht im Vergleich zur Impulssteuerung relativ viel Strom, weshalb die ersten drei Batterien des Batterie-Ensembles wesentlich größer sein müssen, um eine einheitliche Laufdauer von ca. 3 Jahren zu erreichen. Das Problem mit dieser Schaltung: Das Zähler-IC 4526 ist kaum noch zu erhalten.

Neues Werk – Neues Glück?

Ein weiteres Nebenuhrwerk, immer noch von Siemens, Typ C400 sollte in Betrieb genommen werden. Dieses Werk ist deutlich jünger als das Werk in der ersten Uhr, hier jetzt mit Kunststoffrädern und einem zweipoligen Rotor.


Für dieses Werk musste eine neue Impulsansteuerung entworfen und gebaut werden. Ziel: Stromverbrauch = MIN, um die „dicken“ Batterien überflüssig zu machen. Zusatzfunktionen zum schnellen Verstellen und Unterstützung bei der Zeitumstellung sollen verfügbar sein, auch höhere Genauigkeit ohne Ziehkondensator. Dazu mehr am Ende dieser Seite.


Aber diese umfassende Lösung ist für den Eigenbau nicht geeignet. Trotzdem gibt es eine Lösung, die mit allgemein zugänglichen Teilen aufgebaut werden kann, wenn auch nur als reiner "Taktschläger" für das Nebenuhrwerk. Auf Basis eines (vorhandenen) tickenden Quarzuhrwerks! Leiseläufer mit kontinuierlich laufendem Sekundenzeiger sind nicht geeignet, weil diese nicht mit 0,5 Hz, sondern mit 50 Hz betrieben werden.
 

Um zu verifizieren, ob die Idee trägt, den elektronischen Teil des Uhrwerks zur Signalgewinnung zu nutzen, wurde etwas geforscht, und zwar mit einem Platinchen aus einem Quarzuhrwerk, das für den Sekundenzeiger einen Sekundentakt erzeugt. Es ging ums Prinzip. Es stellte sich aber heraus, dass eine Schaltung zur kompletten Nutzung der Originalsignale (1 Tick/s) gar nicht so sinnvoll ist, weil für eine Nebenuhr nur ein Tick/Minute erforderlich ist. Es gibt Nebenuhren mit Sekundenzeiger, auch dieses Signal (1 Tick/s) kann gewonnen werden. Ein Taktschläger sollte für Nebenuhren ausreichen, bei denen am Werk ein Einstellrädchen zu finden ist. Oder ein direkten Zugang zu den Zeigern ist zum Stellen vorhanden, wie bei der "Direktorenuhr" am Ende dieser Seite. Sind diese beiden Optionen nicht verfügbar, kann man trotzdem mit minimalem Aufwand eine Schnellverstellung realisieren.

Quarzuhrwerke mit Sekundenimpulsen gibt’s wie Sand am Meer, in Wanduhren, Weckern und Armbanduhren. Und sogar recht genau gehende! In den meisten Fällen muss man sie in den halben Jahren zwischen den Zeitumstellungen nicht nachstellen. Es gibt aber auch Ausnahmen: Habe mal drei billige Werke ( < € 3 ) gekauft, die heftig vorgehen, ca. 2 Minuten im Monat, also 2 s/d! Hatten früher Quarzwerke noch einen Ziehkondensator, so findet man diesen schon lange nicht mehr. Wie wird das erreicht? Bei der Herstellung wird die Ganggenauigkeit geprüft und ein Korrekturwert wird in das Steuer-IC einprogrammiert, was den Fehllauf kompensiert. Die Prüfung und das Einprogrammieren erfolgen natürlich sehr schnell, in wenigen Sekunden. Eine solche Taktquelle sollte eigentlich eine sehr brauchbare Basis für eine Nebenuhrsteuerung darstellen. Wenn das Werk mit einer AA-Batterie bestückt wird, ist alles OK. Ältere Werke benötigen evtl. eine größere C-Batterie. Diese werden mehr Strom fressen.

Quarzuhren mit Werken zum Ausräubern, wie die Uhrmacher sagen, gibt’s vielleicht schon im Haushalt, im Umfeld oder auch in den Elektroschrottsäcken auf dem Recycling-Hof, wenn man die Uhren dann mitnehmen darf, was manchmal verboten ist. Man sollte nur sicher sein, keine Funkuhrwerke zu nehmen, denn diese sind leider nicht brauchbar. Grund: Die schnellen Zeigerbewegungen zur automatischen Einstellung können von Nebenuhren nicht bedient werden. Ist man an eine Uhr geraten, die nach Einsetzen einer neuen Batterie noch läuft, dann sollte man diese einige Tage laufen lassen und mit einer Funkuhr die Ganggenauigkeit messen. Hat man mehrere Werke zur Auswahl, sollte man das genaueste zum Ausräubern auswählen. Läuft ein Werk nicht, so muss der Oszillatorteil des Werks nicht unbedingt defekt sein: Oft sind es Kontaktprobleme in der Zuführung der Batteriespannung



Zum Ausbau der Platine muss man das Werk demontieren. Meist ist der hintere Teil auf den vorderen aufgeschoben und mit zwei Clips gehalten. Diese kann man aufhebeln und die hintere Gehäusehälfte nach oben abheben. Die Elemente des Räderwerks purzeln jetzt durcheinander, aber die interessieren nicht. Viel wichtiger ist jetzt, nachzuschauen, wo die meist aus Blech ausgeführten Kontaktfedern vom + und − Pol der Batterie hingeführt werden, denn auf der Platine ist das nicht markiert. Sind die Federn herausgefallen, muss man sie ggf. wieder einsetzen. Den Plus- oder Minusanschluss sollte man mit einem feinen Filzstift oder einer Nadel auf der Platine markieren! Die hier gezeigten Plus- und Minus-Anschlüsse sind nur beispielhaft, die Kontaktfedern variieren von Werk zu Werk. Genau an den Stellen, an denen die Kontaktfedern auf die Platine drücken liegt oft das Problem eines nicht mehr laufenden Quarzwerks. Entweder ist die Feder ermüdet und hat den Kontakt verloren oder es hat sich wegen unterschiedlicher Werkstoffe Kontaktkorrosion entwickelt, die den Stromfluss unterbricht. Auf dem Bild ist die Platine schon umgeklappt.




Die Platine bildet meist mit der Antriebsspule eine Einheit. Entweder ist das eine lösbare Steckverbindung oder die Spule ist an zwei Stiften auf der Platine festgelötet. Auf alle Fälle: Die Spule muss weg, sie verursacht bei der weiteren Verwendung nur Strom- und Platzverschwendung. Einer der beiden Spulenanschlüsse dient später zum Auskoppeln des Taktsignals, werden Sekundenimpulse benötigt, werden beide Spulenanschlüsse belegt.

Jetzt hat man die Basis für eine Nebenuhrsteuerung, aus der man die üblichen Polwechselimpulse im 1-Minutentakt für das Vorrücken des Minutenzeigers und, bei Bedarf, auch einen Sekundentakt ableiten kann.

Die ausgebaute Platine darf nur mit einer 1,5 V Batterie betrieben werden! Schließt man aus Versehen eine höhere Spannung an oder die 1,5 V mit der falschen Polung, ist das IC kaputt! Ist mir passiert. Von den vorhanden Spulenanschlüssen wird nur einer benutzt, egal welcher! Grund: Im IC ist eine H-Brücke, in der bei jedem Takt die diagonal gegenüberliegenden „Schalter“ wechselweise geschlossen werden, die Spule liegt im Mittelstrich des Hs. Durch die gemeinsame Masse der 1,5 V Batterie für die Platine und die 4,5 V der Schaltung liegen die unteren Stellen des Hs an Masse und mal wird der linke und dann der rechte obere Schalter an Plus geschlossen, und zwar für 30 ms. Wir erhalten also schon durch die Verwendung nur eines Anschlusses eine Teilung der 60 Ticks durch 2 = 30 Ticks/min, werden beide Kontakte benutzt, liegt die „normale“ Frequenz mit 0,5 Hz vor, 60 Ticks/min.

Die Impulse schalten den Eingangstransistor alle 2 s für 30 ms durch. Dieses Signal wird an den Clock-Eingang des ersten BCD-Zählers im 4518 gegeben. Dieser teilt das Signal durch 10 und treibt damit die Clock des zweiten Zählers im 4518. Dessen Ausgänge Q0 und Q1 sind bei „3“ beide hoch und schalten damit ein NAND-Glied im nachfolgenden 4011, dessen Ausgang durch ein weiteres NAND-Glied invertiert wird und damit ein Signal zu Reset des Zählers 2 im 4518 erzeugt. Die Teilung durch 10 und dann durch 3 ist erfolgt, die Impulsdauer beträgt 60 s. Das Signal von Q1 wird weiter an den Clock-Eingang des 4013 geleitet, der schließlich das endgültige Polwechselsignal erzeugt.

Die „Peripherie“ im oberen Teil dient zum Stellen: Der 2-fach-Umschalter S1 dient in der gezeigten Stellung zum Reset der Schaltung, das Werk bleibt stehen. R3 schützt den Ausgang des 4518 gegen Kurzschluss. Beim Umschalten in den normalen Betrieb hat die Schaltung eine Eigenart: Der 1. Tick erfolgt nicht sofort oder nach 60 s, sondern nach ca. 34 s! Warum auch immer, es dauert wohl eine Startzeit, bis die Zähler im 4518 sich zurecht geruckelt haben. Der Taster Ts1 erlaubt in diesen 34 s den Zeiger durch Drücken nach vorne zu bewegen. Ob das Quarzmodul überhaupt ein Signal liefert, wird mit dem durch Jumper J1 aktivierbaren LED-Zweig geprüft. Die LED muss alle 2 Sekunden aufleuchten. Für den Betrieb wird der J1 geöffnet, um Strom zu sparen.

Stellen der Uhr: Man kann im Reset-Modus das Werk mit der Hand stellen, wenn möglich, oder die Schnellverstellung benutzen In beiden Fällen muss der Minutenzeiger einige Striche hinter der gewünschten Zeit stehen. Beispiel: man will die Uhr um 10:00h mit der Referenz-(Funk-)Uhr starten, dann sollte die Uhr auf ca. 9:54 gestellt werden. Läuft der Sekundenzeiger der Referenzuhr über die 26, wird der Resetschalter in die Betriebsposition geschoben. Jetzt hat man 34 s Zeit, durch Drücken des Tasters den Minutenzeiger auf die 59 vorzurücken. Dann wird der Minutenzeiger springen, wenn auf der Referenzuhr der Sekundenzeiger die 12 erreicht. Eine Ungenauigkeit von ± 1 s ist unvermeidlich, da das Schieben des Schalters irgendwo in das 2 s-Intervall des Quarzmoduls fällt.

Zur Spannungsversorgung wird eine 10er-Schale für AA-Batterien benutzt, aus der die 1,5 V und 4,5 V über einen kleinen Blechstreifen entnommen werden, der unter den Federkontakt am Minuspol der 2. bzw. 4. Batterie geschoben wird.

Der Stromverbrauch dieser Schaltung liegt bei nur wenigen µA, der des Quarzmoduls bei ca. 1 µA.

Die optionale Schnellverstellung besteht nur aus wenigen Teilen. Hier ist es egal, ob man einen Standard NE555 oder die CMOS-Ausführung wählt. In der gezeigten Auslegung wird ein Tick alle 0,4 s geliefert. Ist das für große Zeiger zu schnell, dann kann eine Verdopplung von C3, z. B. durch Parallel-Löten eines weiteren 1 µF Kondensators, zu ca. 1 Tick/s führen. Ob man nun den Schalter S2 als Taster oder Schiebeschalter ausführt, bleibt jedem überlassen. Vielleicht ist es am sinnvollsten, über einen Schiebe-Umschalter wahlweise den linken oder den rechten Teil der Schaltung mit Strom zu versorgen. Wer noch einen Sekundenmotor hat, sollte einen weiteren Umschalter zwischen den Eingängen zu den Treibermodulen benutzen. Die Signale werden an den grünen Punkten  zusammengeführt.

Die optionale (oder ausschließliche) Gewinnung des Sekundenimpulses erfolgt in einer Zuführung der 1 s Impulse über R10 und R11, die über das 2. Flip-Flop des 4013 in ein Polwechselimpuls mit einer Frequenz von 0,5 Hz umgesetzt wird.

Ansteuerung des Motors

Zur Ansteuerung des Motors sollte mal mit einer FET-Halbbrücke und der bewährten Umladetechnik eines Kondensators gearbeitet werden. Man kann das mit einem BS170 (N-Channel) und BS250 (P-Channel) diskret aufbauen. 

Links ist die einfache Lösunggezeigt: Diese hat den Nachteil, dass R20 nicht zu groß werden darf, weil beim Abschalten des Transistors die Gate-Kapazitäten über R20 umgeladen werden werden müssen, was einen kurzzeitigen Kurzschluss der Speisespannung hervorruft. Bei dem gezeigten Wert liegt eine Impulsdauer von 80 µs vor, bei 1 M sind das 320 µs. 282.800 Kurzschlüsse im Jahr leeren die Batterien, so dass diese einfache Schaltung nur für einen Betrieb mit Netzteil geeignet ist. Das kann die 1,5 mA, die durch R20 fließen, locker liefern.

Rechts ist die aufwändigere Schaltung für die Ansteuerung einer halben H-FET-Brücke mit Transistoren gezeigt, weitaus besser für Batteriebetrieb geeignet. Wegen der maximalen Gate-Spannungen von 20 V muss die Schaltung für 24 V anders dimensioniert werden. Man könnte ein sogenanntes Halbbrückentreiber-IC benutzen, nur genehmigt sich das mit ca. 100 µA deutlich mehr Strom als die hier vorgestellte Lösung: die Batterien halten länger! Bei der kleinen Lösung fahren die Gates Fahrstuhl zwischen den Versorgungsspannung. Das geht mit über 20 V nicht mehr. Hier werden die Gates getrennt über zwei Spannungsteiler mit jeweils 6 V geöffnet. Diese werden wechselweise durch die Transistoren T1 und T3 abgeschaltet, die FETs sperren dann sehr schnell, es tritt kein Kurzschluss auf.  Für 48 V oder 60 V sind R32, R34 und R35 deutlich zu erhöhen und es müssen auch andere FETs mit höherem zulässigen VDS - Spannungen verwendet werden.

Der Wert von C20 hängt vom Werk der Nebenuhr ab. Während bei der ersten und älterungen Uhr 470 µF erforderlich waren, kommt das oben vorgestellte Werk mit 47 µF zurecht. Zu groß sollte dieses Ladeeimerchen nicht sein: Es belastet sonst die Batterie und macht u. U. auch das Werk der Nebenuhr laut, weil es mit zu großer Energie weitergeschaltet wird

Wer sich an den Aufbau der Schaltungen begeben will, findet Platinenentwürfe hier. Vielleicht werden auch Teilesätze angeboten, bei Bedarf eine E-Mail an mich..



Nun ja, die entworfene und auf dem Steckbrett verifizierte Schaltung läuft, aber die Genauigkeit hängt vom geräuberten 0,5 Hz Oszillator ab. Man kann Glück mit einer relativ hohen Ganggenauigkeit haben, oder auch nicht und dann ein anderes Modul suchen. 

Ich habe ein Faible für genau gehende autarke Uhren. Mit Bewunderung stehe ich vor den Riefler-Uhren vom Beginn des letzten Jahrhunderts im Deutschen Museum oder vor der Sammlung historischer Wanduhren im British Museum in London. Dagegen sind für mich DCF-gesteuerte Uhren langweilig, denn sie sind eigentlich nur Marionetten bzw. verlängerte Anzeigen der Master-Atomuhr der PTB. Zwar genau, aber unselbstständig. 

Kann man eine Quarzuhr bauen, die diese Genauigkeit fast erreicht?

Die Konsequenz ist die Verwendung eines Mikrocontrollers. Mit den Baureihen ATTINY 24, 44, … und ATTINY 25, 45, … bietet Microchip/Atmel zwei Reihen an, die auf niedrigen Stromverbrauch ausgelegt sind und erlauben, ein Uhrenquarz direkt anzuschließen. Es mag andere MCUs geben, ich bin mit den ATTINies und der Entwicklungsumgebung etwas vertraut und bleibe dabei. Sehr effizient zum Stromsparen ist die Möglichkeit, die CPU in verschiedene Schlafzustände setzen zu können. So arbeitet meine Anwendung in einem Modus, den ich mal den Enke-Haro-Modus nenne: In dem Film „Zur Sache Schätzchen“ spielt Werner Enke den schlaffen Haro, der immer nur rumhängt und nichts tut, hin wieder sich aber aufrafft, um nur mal zu gucken, was ist, „und dann schlafft er wieder ab!“. Genauso macht es die MCU: der 32,768 kHz Oszillator läuft mit minimalem Energieeinsatz zusammen mit den vorhandenen Teilern, und wenn 1 Sekunde erreicht ist, wird die MCU geweckt, zählt die Sekunden hoch und stellt alle 60 Sekunden die Ausgänge um. Und dann schlafft sie wieder ab. Die Wachphase dauert nur einige Millisekunden, der Stromverbrauch in der schlaffen Phase beträgt bei 3 V nur ca. 60 µA. Das Kurzschlussproblem der FET-Halbbrücke wurde durch eine individuelle Ansteuerung der beiden FETs gelöst, die immer zuerst den aktiven FET abschaltet und mit einer Zeitverzögerung den anderen einschaltet. Während der Entwicklung mussten zwei IRF7343 per heftigem Rauchzeichen ihr Leben aushauchen, weil die Verzögerung erst einmal zu klein angesetzt wurde. Als Uhrenquarz wurde ein höherwertiges Quarz der Schweizer Firma Micro Crystal MS3V-T1R benutzt, was mit einer Genauigkeit von 20 ppm spezifiziert wird. Wie bei Quarzen üblich erreicht man diese Genauigkeit im Einbau nicht, so dass die Abweichung noch digital kompensiert werden musste

Jetzt hängt die Uhr an der Wand und tickt sanft alle 60 Sekunden. Mit einer Ganggenauigkeit, die ich nie erwartet hätte und einem Stromverbrauch, der nur Bruchteile der „alten“ Schaltung beträgt: Die Ganggenauigkeit: Abweichung von 0(!) Sekunden in 4 Wochen trotz einer Änderung der Zimmertemperatur von 20 °C auf 24 °C. Um den Einfluss einer Speisespannungsänderung klein zu halten, wurde eine 3,6 V LiSOCl2 -Batterie zur exklusiven Speisung der MCU eingesetzt, die eine hohe Spannungskonstanz über Jahre erwarten lässt. Die Anhebung der Speisespannung um 0,6 V verursachte ein erhebliches Vorgehen der Uhr, der Quarzoszillator ist merkbar spannungsabhängig.

Verbrauch des Logikteils: 60 µA, des Antriebs 5 µA und das noch mit einem Wechselkondensator von nur 47 µF, also 1/10 des Werts in der anderen Uhr. Die Siemens-Ingenieure haben mit dem Werk vor Jahrzehnten ganze Arbeit geleistet. Der niedrige Stromverbrauch erklärt sich sicher durch neue magnetische Werkstoffe, die einen magnetisch starken Rotor erlauben, der zur Bewegung ein nur geringes elektrisch erzeugtes magnetisches Wechselfeld erfordert. Ganz anders als in der alten Uhr, in der noch ein mehrpoliger Schrittmotor als Antrieb arbeitet. Das Vorhaben. die Steuerung an das Uhrwerk für minimalen Stromverbrauch anzupassen und nicht aus einer Zentrale einen u. U. viel zu starken Stromimpuls aufzuprägen, ist gelungen.

 Nominell gibt eine AA-Zelle 2800 mAh ab. Daraus resultiert eine theoretische Betriebsdauer für den Mikroprozessor von 47.000 h, das sind mehr als 5 Jahre. Der Antriebsteil hat einen statischen Verbrauch von ca. 4 µA und das Füllen des Kondensators geschieht alle 2 Minuten. Ersteres ergibt eine Jahresverbrauch von 35 mAh/a, das Füllen bedarf 1,7 mAh/a, runden wir insgesamt auf 40 mAh/a auf. Das ergäbe eine Laufdauer von 70 Jahren, aber höchst theoretisch, weil die Batterien so lange nicht halten und viel, viel früher ausgelaufen sind. Der Antriebsteil der alten Schaltung lief mit einem Stromverbrauch von 100 µA (durch den 7555) und dem 10-fach größeren Kondensator ca. 3 Jahre, bis die Batterien erschöpft waren. In der neuen Schaltung werden bei der Zeitumstellung immer zwei Batterien „von oben“ in die beiden unteren Fächer vertauscht, die auch die MCU bedienen. Somit dürfte die Laufdauer eines Satzes viele Jahre bedeuten, die Kapazitätsverluste durch Selbstentladung dürften in dieser Zeit mit ca. 4 %/a nicht zu vernachlässigen sein. Man könnte also auch kleinere Batterien benutzen, da aber die Preise für 10 AA, 10 AAA und 2 9V-Blöcke identisch sind, ergibt sich kein ökonomischer Vorteil. Die Suche nach den µA hat sich sehr gelohnt!

Diese Uhr, ich nenne sie „Direktorenuhr“ könnte selten sein, denn sie gehörte zur Möbelausstattung eines üblichen Direktorenzimmers in dem Betrieb, in dem ich früher arbeitete. Sie wurde bei einer Entkernung vor dem Bauschutt gerettet. Sie geht bisher durch die digitale Kompensation der Quarzfehlfrequenz extrem genau und wird jetzt erst einmal lange beobachtet, um zu sehen, wie sich die Störungsparameter Quarzalterung, wechselnde Raumtemperatur und sinkende Betriebsspannung auswirken werden. Vielleicht werde ich sie in einiger Zeit zum Kauf anbieten.

Die Funktionen des einzigen Knopfes:

 Und ehe mich Anfragen erreichen, ob ich die neu entwickelte Nebenuhrsteuerung als Fertiggeräte verkaufe, folgendes: Ich habe oben gezeigt, wie man den Logikteil und die einfache Motor-Ansteuerung für die verschiedenen Spannungen von 12 V und 24 V ausführen kann. Bei der Ausführung mit der MCU werden die beiden FETs aber getrennt angesteuert, um das Widerstandsnetzwerk noch hochohmiger und damit stromsparender ausführen auslegen zu können. Vielleicht werde ich diese Platine mal als Auftragsarbeit einbaufertig herstellen. Wenn Interesse besteht, bitte melden, dann kann der Bedarf abgeschätzt werden. 

Nach einigen Wochen: Die Ganggenauigkeit dieses kleinen Reiseweckers, vor Jahren beim Discounter für € 5 erstanden, ist höher als die der MCU-Lösung, gemessen in s/Monat, denn diese geht jetzt doch leicht nach. Aber mit einer Abweichung von 1 s/Monat immer noch gut. Fazit: Man kann mit der reinen Selbstbaulösung auf Basis eines geräuberten Sekundenmoduls gut bedient sein und kann auf die MCU-Lösung verzichten.








 

 

 

Version: 1.10 Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund, 05.07.2024