Entmagnetisieren oder Magnetisieren
mit einem statischen Gerät
(z. B. WIHA 400 10 Magnetisierer / Entmagnetisierer)

oder
Selbstbau eines elektrischen Entmagnetisierers
 
Magnetische bzw. magnetisierte Werkzeuge wie Schraubendreher, Pinzetten oder kleine Zangen können nerven, wenn man kleine Teile, wie Schräubchen, in Löcher bugsieren muss, diese aber am Werkzeug und nicht im Loch hängen bleiben. Das kann dann sehr fummelig werden!

Die Magnetisierung kann man entfernen mit elektrischen Demagnetisierern, die mit Wechselstrom ein magnetisches Wechselfeld aufbauen und für Preise vom € 70 bis € 300 im Handel für Uhrmacherwerkzeuge angeboten werden. Für die gelegentliche Benutzung ein signifikanter Betrag und ein weiteres Gerät steht in der Gegend herum.
Auf YouTube kann man ein Video finden, in dem die Nutzung einer defekten und zerlegten Teichpumpe als Gerät zur Entmagnetisierung gezeigt wird. Aber eine defekte Teichpumpe ist bei mir nicht im Keller.

WIHA 400 10Es sollte einfacher gehen. Schon lange verfügbar sind statische Geräte, die wahlweise eine Magnetisierung und Demagnetisierung erlauben (sollen). So etwas hatte ich sogar vor langer Zeit schon mal im Baumarkt gekauft, aber eine Demagnetisierung ist mir damals nicht gelungen. Im Baumarkt wurde die Fehlfunktion vorgeführt. Man nahm das Gerät ohne Murren zurück und aus dem Programm, wenn ich den Verkäufer richtig verstanden habe.

Aber es gibt schlaue Leute: Winfried Müller beschreibt auf seiner Webseite, wie man mit diesem Gerät erfolgreich Schaubenzieher entmagnetisieren kann. Das machte mir Mut, erneut eines zu erwerben und wirklich: Meine magnetisierten Werkzeuge sind zur Zeit nicht mehr magnetisch. Der Weg dahin war mit Nachdenken und Probieren verbunden.

Links das ergänzte Gerät. Es gibt diesen Magnetisierer/Entmagnetisierer in vielen ähnlichen Ausführungen und zu unterschiedlichen Preisen, aber alle arbeiten auf dieselbe Weise:

Will man z. B. einen Schraubendreher magnetisieren, so führt man die Klinge einmal oder auch mehrfach durch die untere Öffnung.

Soll die Magnetisierung wieder entfernt werden, dann soll man den Schraubendreher durch die obere Öffnung schieben. So kurz ist die Gebrauchsanleitung des Herstellers und so wirkungslos, denn so einfach geht es nicht. Die Funktion der Stufen im oberen Teil ist nicht beschrieben. Hr. Müller macht das auf seiner Webseite aber sehr gut: Man muss sich "von oben" nach unten vorarbeiten und immer wieder auf die verbleibende Magnetisierung prüfen. Wie man sieht, habe ich mir noch ein paar zusätzliche Stufen aus Pappe aufgeklebt, weil bei einigen Werkzeugen die obere Gehäusekante noch nicht weit genug "oben" war.

Als Messgerät für die Magnetisierung dient ein Kompass, der in gutem Abstand, mindestens 30 cm vom Gerät entfernt auf dem Tisch liegt. Als Test verschiebt man den Magnetisierer auf dem Tisch, die Kompassnadel sollte der Bewegung nicht folgen.

Die genaue Vorgehensweise zur Entmagnetisierung:

Man fängt "oben" an und führt die Klinge einmal über die Auflage. Danach bringt man die Klinge über den Kompass, quer zur Kompassnadel. Bewegt sich die Nadel, dann schiebt man die Klinge eine Stufe tiefer über das Gerät und prüft erneut. Je tiefer man kommt, umso geringer ist die Reaktion der Kompassnadel. War man zu tief, wird die Reaktion der Nadel wieder stärker. Das kann man nun nicht zurücknehmen, indem man wieder höher streicht, nein, man muss einmal wieder durch die untere Öffnung schieben und erneut magnetisieren. Und dann wieder ganz oben anfangen. Hat man den Punkt erreicht, an dem die Reaktion der Nadel schwach, aber noch sichtbar ist, dann kann ein erneutes Schieben oben auf derselben Höhe wie zuvor diesen Rest noch abschwächen.

Herr Müller benutzt zum Testen Schräubchen, die aber selbst magnetisch sein können und von selbst am Werkzeug haften.



Warum funktioniert das Alles?


Bild 1:

Links die erste Untersuchung mit einem Kompass.

Oben die normale Nordausrichtung.

Darunter ist der Magnetisierer neben den Kompass gelegt und um je 90° gedreht.

Man sieht, dass zu beiden Seiten der Magnetisierungsöffnung ein Südpol und mitten auf der flachen Seite ein Nordpol liegt


Bild 2:

Das Bild des magnetischen Felds von der Seite zeigt das Innenleben: Unter und über der Magnetisierungsöffnung liegt je ein flacher Stabmagnet. Die Südpole zeigen aufeinander.

Das Feld läuft, bzw. die Feldlinien laufen aus dieser Öffnung heraus. Ein Analogon wäre ein Hamburger: Drückt man darauf, dann quillt der Ketchup an allen Seiten heraus. Die Punkte in der Mitte sind Stäbchen aus Eisenfeilspänen, die wie Pfeile nach oben zeigen.

Die Feldlinien laufen dann um jeden Magneten herum zu dessen Nordpol.

Rechts sieht man die Entmagnetisierungsöffnung. Man sieht die
nach rechts abnehmende Intensität des Felds.



Bild 3:

Hier der Blick auf die Seite, im oberen Bild "oben". Auch hier wieder in der Mitte die Stäbchen aus Eisenfeilspänen und nach rechts das abnehmende Magnetfeld.

Zieht man eine Klinge durch die Magnetiserungsöffnung, in Bild 3 also von unten nach oben und wieder zurück, dann ordnen sich die Elementarmagneten in der Klinge beim Herausziehen alle mit ihrem Nordpol nach "oben", die Klinge ist magnetisch. Da aber die Remanenzeigenschaften von "normalem" Stahl nur einen Teil des aufgebrachten magnetischen Felds speichern können, ist der Magnetismus der Klinge kleiner als der Magneten im Magnetisierer.

Zum Entmagnetisieren muss man ein entgegen-gerichtetes Feld mit einer im Betrag gleichen Stärke aufbringen. Das geschieht in Bild 2 bzw. Bild 3 rechts. Ganz außen ist das Feld am schwächsten. Von dort muss man sich in Richtung des stärker werdenden Felds nach links vortasten, bis man die passende Stärke zum Aufheben der vorhandenen Magnetisierung erreicht hat.

Die Einschränkungen:

Die Entmagnetisierung kann nicht für "Stückgut" vorgenommen werden. Zum Entmagnetisieren von Schräubchen, Muttern, Stiften
u. a. Kleinzeug oder ganzen Uhrwerken ist er nicht geeignet.

Und noch ein Ratschlag:

Magneten sollte man eigentlich unter Verschluss halten, denn man hat schnell irgendwelche Metallteile magnetisiert, ohne es zu beabsichtigen. Ein Klack reicht und ein Stahlteil ist magnetisch infiziert.
Und das wird weitergegeben.

Aber was heißt: Unter Verschluss? Besser: Auf Abstand! Dieser Magnetisierer mit seinen starken Magneten wird zur Aufbewahrung in eine Teedose verbannt mit Styroporklötzchen als Abstandshalter.


Nach einigen Jahren reichte es doch nicht mehr, kleine Schraubendreher, Stahlpinzetten und andere feine Werkzeuge zu entmagnetisieren. Man kann dieses Ding, mit längerer Erfahrung, auch als Produkt einer Rosstäuscherei bezeichnen. Denn es bleibt lästig, wenn man an kleinen Uhren herumschraubt und die Schräubchen immer an Pinzette oder Schraubendreher hängen bleiben.

Es musste etwas besseres her: Ein elektrisches Entmagnetisiergerät im Eigenbau!


Version: 1.2 Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund, 06.09.2020